Ich kenne gaaaanz viele Menschen, die solche Sätze sagen:
Backen sie ein Brot, und es ist lecker:
„Ja, aber an der Stelle ist es nicht aufgegangen – das ist noch nicht perfekt.“
Malen sie ein Bild, und es berührt mich:
„Ja, aber an der Stelle ist mir der Pinsel verrutscht, das sieht blöd aus.“
Ernten sie Beeren aus dem eigenen Garten, die wunderbar schmecken:
„Ja, aber ich hab sie an der falschen Stelle gepflanzt. Sie brauchen eigentlich mehr Sonne, deshalb sind sie leider so klein.“
Sprechen sie mit dem Mann im Dönerladen auf Türkisch, und ich bin voll der Bewunderung:
„Ja, aber so richtig fließend kann ich es nicht. Ich kann es nicht wirklich. Es reicht gerade mal für den Falafel-Kauf.“
Es ist nie gut genug! Nie perfekt genug.
Wir denken: Es wäre toll, wenn wir perfekt wären!
- Dann würden wir keine Fehler machen.
- Dann könnte man uns keine Schwäche nachsagen und nachweisen.
- Dann gäbe es keinen Grund, uns auszuschließen oder nicht zu mögen.
- Wir hätten keine Makel – wir wären eben perfekt!
STOP!
Stell dir mal ein Mikado-Stäbchen vor. Zur Hilfe hier ein Foto von ein paar dieser Stäbchen.

Es ist perfekt.
Genauso perfekt wie all die anderen Mikado-Stäbchen. Und genau gleich wie die anderen.
Und jetzt stell dir einen Ast vor oder schau dir diesen hier an von unserem Feigenbaum im Garten:

Er ist vollkommen.
Einzigartig in seinem Gewordensein. Sich flexibel mit dem Leben bewegend. Anpassungsfähig und gar nicht starr.
Wir Menschen sind wie dieser Ast!
Wir haben uns dem Leben angepasst, mussten manches Mal ausweichen, Umwege gehen, haben gelernt, mit immer neuen und unerwarteten Situationen umzugehen. Sind gewachsen, und an manchen Stellen sieht man die Narben des Wegs.
Das ist Schönheit in der Vollkommenheit.. in der Vollkommenheit, das Leben zu meistern.. präziser geht es kaum, dem Leben zu begegnen. Das Mikado-Stäbchen hätte in diesem Leben keine Chance in seiner Starrheit und Uniformität.
Deine Vollkommenheit ist bereits perfekt. Wenn du eine unvollkommene Perfektion anstrebst, wird das deiner selbst, deinem Sein und deinem Weg nicht gerecht.
Ich verneige mich vor all den vollkommenen Ästen da draußen..
Vor dir, der oder die du das gerade liest..
Eben gerade weil du NICHT perfekt bist sondern vollkommen!