“Deine Bluse ist total schön!”

“Ach, die war ganz billig!”

“Du strahlst so!”

“Das ist bestimmt das Licht.”

“Du bist so schön.”

“Haha, das war mal, jetzt bin ich faltig.”

“Ich höre dir so gern beim Singen zu.”

“Naja, für den Hausgebraucht reicht´s.”

Ich könnte vermutlich Seiten füllen mit derlei Dialogen.

Gehörst du auch zu den Menschen, denen man einfach kein Kompliment machen kann, weil du es kaum oder nicht annehmen kannst und auf jeden Fall eine negative Antwort parat hast?

Was genau geht in uns vor, wenn uns jemand ein Kompliment macht und wir mit solchen Sätzen uns selbst abwertend reagieren?

Ich habe versucht, in mich hineinzuhorchen und zu spüren, was meine Antwort auf die Frage ist.

Das Ergebnis: Bei mir ist es oft Scham. 

• Bescheidenheit ist eine Tugend.
• Nimm dich nicht so wichtig.
• Glänze mit Zurückhaltung.
• Mach dich rar.
• Eigenlob stinkt.

Das sind so Sätze, die aus meiner Kindheit nachklingen. Und manchmal erwischt mich das heute noch: 

Macht mir jemand ein Kompliment, schäme ich mich, weil das doch nicht bescheiden ist und nicht zurückhaltend, wenn ich das annehme. Wenn ich es nicht annehme, ist es ok, aber wenn ich es annehme, dann ist das ja Eigenlob………

Umgekehrt finde ich das aber total dämpfend, wenn ich mit offenem Herzen und Freude einem Menschen sage, wie toll ich sein Strahlen, seinen Gesang, seine neue Hose oder sonst etwas finde, und mein Gegenüber dann so abwiegelnd bis abwertend reagiert.

Ich wünsche mir doch, dass derjenige mein Kompliment mit Freude annimmt!

Nun: Was ich mir zu empfangen wünsche, sollte ich selbst senden – sonst wird da nix draus. Das Universum sorgt ja immer schön für Ausgleich.

Ich hab mal in einem Retreat zum Abschluss etwas erlebt, was mich tief beeindruckt hat:

Wir (die 80 Teilnehmerinnen) liefen alle durcheinander durch den Raum und immer, wenn sich zwei direkt begegneten, dann sollte die eine der anderen sagen, was sie an ihr gut/schön/toll findet.

Und die andere hatte die (schwere) Aufgabe, das NUR zu empfangen mit den Worten “tief empfangen”.

Nicht DANKE… nicht DU AUCH… nicht ACH NEE, SOO GUT IST DAS AUCH NICHT.

Kannst du dir vorstellen, wie schwer das vielen von uns gefallen ist? Da sind ziemlich viele Tränen geflossen.

Seitdem übe ich das 🙂

Um mir und dem jeweiligen Gegenüber eine Freude zu bereiten, weil sich das viel besser anfühlt, als ins Defizit abzuwandern in Worten und Gedanken.

Was ist dein Grund, mit Komplimenten nicht gut umgehen zu können? Ich fände es mega spannend, wenn du es mir schreiben magst.

Und wie wäre es, wenn es sich einfach schön anfühlen dürfte und du einfach empfangen dürftest, wenn jemand etwas Wertschätzendes zu dir sagt? 

Ich wünsche uns allen, dass wir das Gute und Schöne und Herzöffnende und uns Erfreuende, das wir am anderen wahrnehmen, einander mehr und mehr mitteilen können (also einander Komplimente machen), ohne dass das klein gemacht oder abgewertet werden muss. 

Lasst uns gemeinsam Freude haben an ernst gemeinten Komplimenten 🙂